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Landgericht Mannheim - Urteil v. 30.01.2009,  AZ: 1 S 141/05

 

In dem Rechtsstreit …………………..

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim auf die mündliche Verhandlung vom 07. November 2008 unter Mitwirkung von

Vizepräsident des Landgerichts Perron
Richterin am Landgericht Beißert
Richterin Schwenk
für       Recht      erkannt:

Gründe

(Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß
§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger bleibt trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zur
Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs befugt. Dieser gehört gemäß §§36 Abs. 1 Satz 1. InsO, 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht zur Insolvenzmasse.

Das Amtsgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger der mit der Klage verfolgte Anspruch aus §§ 1 Abs. 1, 178 b WG a.F. in Verbindung mit § 1 I 1 a der dem Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien zu Grunde liegenden Allgemeinen Versiche-rungsbedingungen (MB/KK 76) auch in dem von der Berufung angegriffenen Umfang zusteht.

Die Beklagte hat grundsätzlich auch solche zahnärztlichen Behandlungskosten zu tra-gen, die infolge einer Honorarvereinbarung gemäß § 2 GOZ über die Sätze des § 5 GOZ hinausgehen, weil die dem Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine Beschränkung der Kostenerstattung auf die Sätze des § 5 GOZ nicht vorsehen.

Die volle Erstattungsfähigkeit der vorliegend vom Streithelfer dem Kläger berechneten
Kosten hängt damit davon ab, ob dieser selbst verpflichtet ist, diese zu begleichen, dasheißt, ob die von ihm mit dem Streithelfer getroffene Honorarvereinbarung wirksam ist.
Dies hängt davon ab, ob die Vergütungsvereinbarung individuell oder in allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen wurde, weil in allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ärzten enthaltene Honorarvereinbarungen gemäß §§ 9 Abs. 2 Nr, 1 AGBG/ 307 Abs. 2Nr. 2 BGB unwirksam sind (Vgl. BGH, Urteil vom 30.10.1991, Az.: VIII ZR 51/91).
Die vorliegend zwischen dem Kläger und dem Streithelfer am 18.08.2000 getroffene Honorarvereinbarung stellt, wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, eine Individualvereinbarung dar.
Insoweit sind gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25,10.2004 (1 BvR 1437/02) an die Annahme einer Individualvereinbarung betreffend das Entgelt für ärztliche und zahnärztliche Leistungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen.
Der Umstand, dass in der Honorarvereinbarung die Punkte die gemäß § 2 Abs. 2 GOZ
in jeder Honorarvereinbarung enthalten sein müssen, vorgedruckt sind, steht der Annahme einer Individualvereinbarung nicht entgegen, weil die gedruckten Passagen ohnehin nach der Regelung der GOZ bei sämtlichen Vereinbarungen gleich sein müssen und einer individuellen Vereinbarung nicht zugänglich sind. Für eine individuelle Honorarvereinbarung verbleibt damit nur die Vereinbarung höherer Gebührensätze, da das Abrechnungssystem der GOZ nach Gebührensätzen als Multiplikator für in einem Katalog definierte zahnärztliche Leistungen vorgegeben ist (BVerfG a.a.O.). Von einer individuell getroffenen Honorarvereinbarung kann danach ausgegangen werden, wenn die Honorarvereinbarung auf das konkrete Behandlungsgeschehen abgestimmt ist. Das kann sich aus einem bereits vorliegenden Hei!- und Kostenplan ergeben. Dies ist jedoch nicht zwingend. Es kann sich aber auch aus anderen Umständen beim Zustandekommen der Vereinbarung ergeben.

Solche anderen Umstände liegen hier vor. Unstreitig hat die vorliegend zwischen dem Streithelfer und dem Kläger getroffene Vereinbarung die Leistungen betroffen, die bei den damals geplanten Behandlungsmaßnahmen in Betracht kamen, wobei allerdings,
auch das ist unstreitig, nicht alle damals vorgesehenen Behandlungsmaßnahmen durchgeführt wurden, weil der Kläger die Behandlung abgebrochen hat. Dem entspricht auch, dass bei der streitgegenständlichen Honorarvereinbarung nicht alle Ziffern der GOZ aufgeführt wurden und dass bei den Steigerungssätzen durchaus differenziert wird. Es werden je nach Leistung der 5,9-fache, der 7-fache und der 8,2-fache Steigerungssatz angesetzt. Eine generelle Steigerung des Gebührenrahmens des § 5 GOZ, wie sie der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BGH (Urteil vom 30.10.1991, Az.: 51 ZR 51/91) zu Grunde lag, enthält die vorliegende Honorarvereinbarung gerade nicht.
Damit kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die vorliegend in der Vereinbarung vom 18.08.2008 enthaltene Honorarvereinbarung allgemeine Geschäftsbedin
gungen darstellen, die vom Streithelfer für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden (§§ 1 Abs. 1 AGBG/305 Abs. 1 BGB).

Die Bezeichnungen der Leistungen, für die die Honorare vereinbart waren, sind zudem auf der Rückseite der Vereinbarung abgedruckt; sie dürften dem Kläger, der selbst Arzt ist, auch nicht fremd sein.

Dass in die schriftliche Vereinbarung die Höhe des Betrages, der aus ihr sich ergebenden Gebühren bezüglich der zahnärztlichen Leistungen nicht ersichtlich ist, berührt ihre Wirksamkeit nicht Die Angabe des sich ergebenden Betrages ist gemäß § 2 GOZ anders als in der Regelung von § 2 Abs. 2 GOÄ nicht erforderlich. Soweit die Vereinbarung sich auf in Betracht kommende, nach der GOÄ abzurechnende Leistungen bezieht, sind die sich ergebenden Beträge aufgeführt.

Einer Begründung der vereinbarten Gebühren gemäß § 10 Abs. 3 GOZ bedurfte es nicht, weil die berechneten Gebühren sich nicht aus § 5 Abs. 2 GOZ ergeben, sondern auf Grund einer zwischen dem Zahnarzt und dem Kläger getroffenen Vereinbarung.
Dass die in der streitgegenständlichen Rechnung des Streithelfers enthaltenen Einzelgebühren, soweit sie die Gebühren des § 5 GOZ übersteigen, der getroffenen Vereinbarung entsprechen, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen,

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Da in der Kostenentscheidung erster Instanz versäumt wurde, über die Kosten der
Streithilfe zu entscheiden, hat die Kammer dies nachgeholt und diese gemäß § 101 ZPO der Beklagten auferlegt.

Im Übrigen ist die Kostenentscheidung erster Instanz richtig, auch soweit sie die anteiligen Kosten des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits betrifft. Das Amtsgericht hat diese Kosten zu Recht mit zutreffender Begründung der Beklagten auferlegt. Auf die diesbezügliche Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird Bezug genommen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr, 10, 713 ZPO.

Gründe, die gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Zulassung der Revision gebieten, liegen nicht vor.

Perron                                       Schwenk                                  Beißert

Vizepräsident des                      Richterin                                   Richterin am Landgericht

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